Die Familie Hirsiger – das sind: meine Frau, drei «Kinder» zwischen 21 und 26 Jahren und ich – sitzen gemütlich beim Nachtessen.
Da kommt das Votum des Jüngsten: Sein Kollege habe ihn gefragt: Was macht dein Vater beruflich? Er antwortete, er ist Unternehmer und trägt die Verantwortung als Partner oder CEO für drei Firmen. Darauf der Freund: «Du solltest nicht als Handwerker arbeiten, sondern studieren und später eine der Firmen deines Vaters übernehmen»!
Nun ging «es» am Tisch richtig los und die Diskussion wurde spannend…
1. Was habe ich mir bei der Gründung der Firma überlegt?
Ich sehe immer wieder bei Gesprächen mit Firmeninhabern, dass ein wertvoller Start der Diskussion für eine Firmenübergabe oder Nachfolge ist – sich wieder an den eigenen Start als Unternehmer zu erinnern.
Überlegungen bei der Gründung / Konsequenzen für die Nachfolgeregelung
- Die «einmalige» Idee starten
Suche ich einen Nachfolger, der die Unternehmung mit neuen Ideen und Initiativen weiterbringen will – oder suche ich jemanden, der «meine Idee» optimal verwaltet . . . - Praktische Erfahrungen einbringen
Was sind meine Erwartungen an seine praktischen Erfahrungen? Sind diese Erfahrungen das optimale Rüstzeug auf die nächsten Jahre? - Wille & Glaube an den Erfolg haben
Was überzeugt mich (Bauch und Verstand), dass «er» ein Garant für die nachhaltige Entwicklung der Unternehmung ist? - Erfolgreiches Modell
Welches Geschäftsmodell verspricht den grössten Erfolg auf die nächsten Jahre. Welche neuen Ideen bringt er selber konkret ein? - Kritische Meilensteine
Wie möchte er seinen Erfolg messen? Stimmt dies mit meinen Erwartungen & Zielen überein? - Seine Ideen verkaufen können
Wird er als Nachfolger von meinen Kunden akzeptiert – dies als Mensch und als Unternehmer? - Immer einen Schritt schneller sein
Was überzeugt mich, dass er mit seinem Team immer einen Schritt schneller als die Konkurrenz ist? - Wer kann mich unterstützen?
Hat er die Grösse und das Netz, sich bei den «Besten» aktiv Hilfe und Unterstützung zu holen? - Die idealen Partner
Verfügt er über ein Netz, dass ihm in seiner neuen Verantwortung konkret systematisch weiter helfen wird? - Kraft & Finanzen bis zum Erfolg
Traue ich ihm zu, die Firma zu prägen und die nächste Phase unternehmerisch erfolgreich zu prägen?
2. Gibt es die «perfekte» Exit-Strategie?
Strategisch denkende Unternehmer überlegen sich bereits bei der Gründung, welche Optionen als
die «perfekte Exit-Strategie» im richtigen Moment und Umfeld gezogen werden sollen.
Im Zentrum der Überlegung stehen die Fragen:
- Welche Faktoren definieren die Attraktivität meiner Unternehmung?
- Wie berechnet sich der faire Preis für den Käufer und Verkäufer?
- Welche «Stolpersteine» können bereits bei der Gründung oder im Laufe des operativen Geschäftes vermieden werden?
Varianten
- Ein viel gesehener Fall: Partner starten mit der Unternehmung & schauen dann
später …
Diese Variante kann am besten mit einer Fahrt auf der Achterbahn verglichen werden. Ich benutze bewusst keine Sicherheitsgurte um die Spannung noch zusätzlich zu erhöhen . . .
- Übergabe der Firmenanteile innerhalb der Familie
Die schönste Variante für einen Unternehmer. Hier gilt es bereits früh zu erkennen: wer aus der Familie bringt die optimalsten Voraussetzungen mit – wie kann ich die anderen Kinder jederzeit fair und transparent in den Prozess einbinden.
- Verkauf an die übrigen Aktionäre
Klare Regeln, wie der Preis und die Zuteilung erfolgen soll. Jede Regelung bereits am Start hilft hier, den Prozess für alle Parteien optimal zu definieren und umzusetzen.
- Verkauf der Unternehmung an einen Dritten
Wer kommt als Käufer in Frage? Für welche Werte ist er bereit, sich unternehmerisch und finanziell zu engagieren? Wer sich früh mit diesen wichtigen Fragen auseinandersetzt, wird die Firma optimal aufsetzen und einen hohen Wert generieren.
- MBI / Management – by – in
Einer der besten Optionen, seine Firma in gute Hände zu geben. Je früher ich als Unternehmer mir hier im Klaren bin, wen und in welcher Form ich aus dem Management beteiligen will – desto grösser ist die Chance auf eine erfolgreiche Übergabe.
- Liquidation und Auszahlung an Aktionäre
Wenn keine erfolgversprechende Nachfolge aufgebaut werden kann – eine logische Lösung. Auch diese Variante bedingt eine optimale Vorbereitung und rechtliche Begleitung.
3. Ein grosser Teil einer erfolgreichen Nachfolgeplanung fängt bereits bei der Firmengründung an
Der Start der neuen Firma ist wie die perfekte Hochzeit mit seinem geliebten Partner. Alles sieht toll aus und die Zukunft ist voller Träume.
Auch hier empfiehlt es sich, mit allen Aktionären und Partnern an den Tisch zu sitzen und die wichtigsten Verträge und Rahmenbedingungen professionell zu regeln. Entscheidend bei Verträgen ist stets, dass diese unter Berücksichtigung der individuellen Ausgangslagen der Partner erstellt werden. Standardverträge werden diesem Anspruch oft nicht gerecht und sind somit leicht anfechtbar oder bieten nur unzureichenden Rechtsschutz für jeden Einzelnen.
Als Standard empfehlen wir, dass diese Verträge vorhanden sind:
- Arbeitsverträge
- Aktionärsbindungsvertrag
- Gesellschaftsvertrag
- AGB
- Geheimhaltungserklärung
Bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen empfehlen wir, keine Muster oder Vorlagen aus dem Internet zu verwenden. Sie müssen immer individuell auf Ihre Unternehmung und das Geschäftsmodell abgestimmt sein. Die Begleitung durch einen Juristen kann hier nur empfohlen werden.
Die Verträge, welche eine Nachfolgeregelung stark und einschneidend «prägen» sind der Aktionärsbindungsvertrag und der Gesellschaftsvertrag. Wir sehen immer wieder, dass Entscheide bei der Gründung eine massive Konsequenz in einer späteren Phase oder Nachfolgeregung haben. Hier ist immer zu empfehlen, dass Sie mit Spezialisten oder Partnern sprechen, die den ganzen Prozess bereits einmal durchgespielt haben.
Im Gesellschaftsvertrag wird das Verhältnis mehrerer Gesellschafter untereinander geregelt. Wichtig ist unter anderem auch bei diesem Vertrag die Regelung des Ausstieges eines Gesellschafters (freiwillig – unter Druck oder bei Krankheit / Tod) und die Berechnung des Unternehmerwertes bzw. des Wertes der Anteile. Viele vergessen, wie wichtig hier die Zeitverhältnisse (Fristen) auch aus Sicht der Fairness sind.
Diese Gedanken sollen helfen, mögliche «Stolpersteine oder Herausforderungen» früh zu erkennen und die Konsequenzen systematisch zu analysieren.
4. Seine eigenen Wünsche kennen & klar formulieren
Eine Nachfolgeregelung hat neben den finanziellen & rechtlichen Aspekten primär auch sehr grosse & wichtige emotionale Aspekte. Es gilt für sich und die anderen Inhaber ein paar absolut wegweisende Entscheide zu treffen:
- Im Zentrum steht die nachhaltige und längerfristige Entwicklung der Unternehmung
- Ich schaue als Unternehmer völlig objektiv und neutral, wer die Firma am besten weiterentwickeln kann
- Die Inhaber sind bereit, finanzielle & zeitliche Zugeständnisse zu Gunsten der Qualität zu machen
- Ich möchte die Unternehmung innerhalb der Familie weitergeben
- Wollen meine Kinder – und deren Partner – die Verantwortung als Unternehmer übernehmen?
- Bringen sie die optimalen Voraussetzungen für diese Aufgabe mit?
- Wie kann ich eine faire Lösung für alle Kinder sicherstellen?
- Ich kann den grösstmöglichen Verkaufspreis erzielen
- Was sucht der optimale Käufer – welche Faktoren definieren «seinen fairen Preis»?
- Welche Partner helfen mir, meinen fairen Preis für den Verkauf zu definieren?
- Wie erreiche ich die potentiellen Käufer?
5. Wie plane ich persönlich konkret die Übergabe der Verantwortung?
Da ich «glücklicherweise» bereits bei der Gründung der Gesellschaften die Grundlagen für eine «problemlose» Nachfolge gelegt habe, kann ich bereits konkret die Schritte angehen:
Schritt 1: Klare persönliche Auslegeordnung
Schritt 2: Erwartungen von allen involvierten Parteien einholen
Schritt 3: Eine ausgewogene Entscheidung treffen
Schritt 4: Frühzeitig, strukturiert und transparent den Prozess mit Spezialisten starten
Immer flexibel und pragmatisch bleiben!
6. Was möchte ich besser oder anders machen als viele meiner Kollegen?
- Prozess früh starten
Sich dem Thema stellen und auch unbequeme Fragen nicht nach hinten schieben. Die Unternehmung so aufstellen, dass sie möglichst attraktiv für den Nachfolger aufgesetzt ist. Wertvolles Wissen und potentielle Risiken sind definiert und klar dokumentiert.
- Den getroffenen Entscheid konsequent – jedoch pragmatisch umsetzen
Wenn man zu einem Entscheid gekommen ist, diesen Weg auch in aller Konsequenz gehen. Die Erkenntnisse aus dem Punkt 1 (Prozess früh starten) auf einer längeren Zeitachse aktiv leben. Wenn möglich die potentiellen Nachfolger bewusst einbeziehen oder immer den Fokus auf dieses Thema legen. Wissen definieren und systematisch dokumentieren.
- Immer ehrlich zu sich selbst sein
Die Nachfolgeregelung hat immer sehr viele emotionelle Aspekte. Die Chance auf einen Erfolg erhöht sich massiv, wenn man sich bemüht, alle Themen objektiv zu beurteilen. Über eine klare und verständliche Dokumentation (z.B. in einer passenden Softwarelösung) steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Themen transparenter werden. Zusätzlich können Lösungen zielgerichteter erarbeitet werden. So hat der zukünftige Verantwortliche auch die Chance, die Geschichte der Entscheidungen nachvollziehen zu können.
7. Fazit
Die Regelung der eigenen Nachfolge ist ein «Dauerauftrag». Im Zentrum steht neben vielen Emotionen auch immer eine objektive Betrachtung.
Man muss sich für klare Prioritäten entscheiden. Welche Entscheidung treffen Sie?
- Im Zentrum steht die nachhaltige und längerfristige Entwicklung der Unternehmung
- Ich möchte die Unternehmung innerhalb der Familie weitergeben
- Ich kann den grösstmöglichen Verkaufspreis erzielen
Die Priorität definiert in aller Konsequenz den Weg, den man für die Nachfolge gezielt gehen muss. Nun gilt es, die Unternehmung optimal auszurichten und trotzdem flexibel auf das sich laufend ändernde Umfeld anzupassen.
Über den Autor:
Thomas Hirsiger Gründer & Partner der ASAGO AG Geschäftsführer MBA / TEP +41 76 441 90 17 thomas.hirsiger@asago.ch www.asago.chThomas Hirsiger arbeitete in den höchsten Führungsgremien diverser Firmen in der Finanzbranche und führt seit 2008 seine eigene Vermögensverwaltungsfirma unter dem Namen Finiens Wealth Management AG. Dabei betreut er in einem speziell eingerichteten Family Office Unternehmer & Spitzensportler. Zusätzlich ist er in einigen Firmen als Verwaltungsrat tätig. Im Jahr 2013 gründete er zusammen mit zwei Geschäftspartnern die Unternehmensberatungsfirma ASAGO AG. Er bekleidet dort die Aufgabe des Geschäftsführers. Er unterhält viele Kontakte zu Unternehmern, Firmeninhabern und Verwaltungsräten und lässt diese Erfahrungen in die Entwicklung der Dienstleistungen mit einfliessen. |