Spagat zwischen wünschen, hoffen und der täglichen Realität
Was gibt es schöneres als positiv überrascht zu werden? Oder umgekehrt: das schlechte Gefühl zu haben, dass man Alles gegeben hat, jedoch weder eine Wertschätzung dafür erhält noch die Qualität des Resultates gewürdigt wird.
Wir sind unser ganzes Leben laufend mit dem Thema «Erwartungen» konfrontiert:
- Welche Erwartungen habe ich selbst an mein Umfeld?
- Was erwartet mein Umfeld von mir?
- Welchen Erwartungen will ich aus eigener Überzeugung gerecht werden?
- Welchen Erwartungen sollte ich gerecht werden?
- Sind meine Erwartungen überhaupt realistisch?
- Was löst es bei mir aus, wenn ich positiv überrascht werde?
- Wie gehe ich mit Enttäuschen um, wenn meine Erwartungen nicht erfüllt werden?
1 Der beste Start ist immer der Blick in den eigenen Spiegel
Mein Wunsch wäre, am Abend entspannt nach Hause zu kommen und beim zu Bett gehen mit einem richtig guten Gefühl einzuschlafen. Aber leider sieht die Realität oft anderes aus.
Aber leider ist es so eine Sache mit seinen verschiedenen Rollen im Leben, welche nicht immer optimal aufeinander abgestimmt werden können. Manchmal fühlt man sich wie ein Trainer mit seinem „eigenen Team“. Man riskiert, sich immer beim Thema stark zu engagieren, wo „es am lautesten schreit“ oder das offensichtlichste Feuer brennt. Wenn man sich allen Themen gleichzeitig und mit gleicher Kraft annehmen will steigt das Risiko, sich selbst zu zerreissen. Trotz hohem Einsatz führt dies nie zu einem befriedigenden Resultat.
Wie sieht denn mein persönliches Team aus, das optimal zusammenspielen sollte:
- Mein privates Umfeld mit Familie und Freunden
- Mein berufliches Umfeld
- Meine eigenen Interessen
Meine persönlichen Vorstellungen und Erwartungen sind das Eine. Das Andere ist jedoch, sich laufend mit der Realität auseinander zu setzen. Die Realität besteht aus vielen Regeln und Standards, welche sich über die Jahre etabliert haben. Toll, wenn dies noch immer meinen eigenen Vorstellungen entspricht. Falls nicht, muss ich mir überlegen, welche Lehren und Konsequenzen ich daraus ziehe.
2 Meine persönlichen Grundsätze zum Thema «Erwartungen managen»
Ich habe einen einfachen, jedoch in der täglichen Praxis sehr fordernden Grundsatz:
Ich verfolge den Grundsatz, bei jedem Gespräch oder Kontakt die Erwartungen des Gegenübers positiv zu übertreffen. Dies kann auch etwas „Kleines“ sein.
Unsere heutige Welt ist von Reizen und tausenden von Informationen komplett überladen. Dies sorgt dafür, dass viele unrealistische Erwartungen im Raume stehen.
Einen positiven oder nachhaltigen Eindruck können Sie nur hinterlassen, wenn Sie die Erwartungen des Gegenübers übertreffen. Die Erwartungen „nur“ erfüllen reicht heute nicht mehr.
Es ist immer eine schmale Grenze zwischen dem Optimum für beide Seiten und dem gefühlten „Über- oder Unterschiessen“.
Nur Überraschungen in jeder Form bleiben in den Köpfen positiv haften, so zum Beispiel folgende Themen:
- Eine aussergewöhnliche Leistung, die niemand in dieser Form erwartet hat
- Einen Zusatznutzen, der sofort als echter Mehrwert erkannt & geschätzt wird
- Höheres persönliches Engagement oder Interesse
- Eine ehrliche und emotionale Meinung
- Sich Zeit für das Gegenüber nehmen
Im Geschäftsleben besteht dadurch die Chance, aus einem einmaligen Auftrag eine langjährige erfolgreiche Geschäftsbeziehung aufzubauen.
Oft reicht bereits eine kleine Geste, die niemand erwartet oder bis heute noch nie erlebt hat. Diese Geste verursacht auf beiden Seiten ein richtig gutes Gefühl und hinterlässt beim Gegenüber einen nachhaltigen positiven Eindruck. Den „Dank“ dafür zu erhalten kann aber länger dauern, als wir uns das in unserer idealen Welt vorstellen.
- Konkrete Beispiele aus dem privaten oder persönlichen Umfeld
- Aus ehrlichem Interesse nachfragen, ob sich ein für den Anderen wichtiges Thema positiv entwickelt hat
- Seine Hilfe ohne Hintergedanken oder eigene Interessen anbieten
- Sich Zeit nehmen, wenn das Gegenüber sprechen will und aktiv hinhören
- Konkrete Beispiele aus dem geschäftlichen Umfeld
- Hinweis auf einen Fachartikel, der ihm hilft, sein Problem zu lösen
- Eine eigene Idee entwickeln und ihm als Lösung «spontan» präsentieren
- Lead zu einem potentiellen Kunden oder Partner vermitteln, ohne gleich eine Verrechnung in den Raum zu stellen
3 Sich bewusst mit den Erwartungen des «Gegenüber» auseinandersetzen
Ich kann nur die Erwartungen meines Gegenübers übertreffen, wenn ich mich aktiv und bewusst mit ihm und seinen Erwartungen auseinandersetze.
Tönt logisch und einfach, ist jedoch in der täglichen Praxis eine hohe Herausforderung. Obwohl jeder diesen Grundsatz versteht, wird er nur in den wenigsten Fällen gelebt. Wenn dies nicht so wäre, würden wir laufend positiv überrascht und das Leben wäre in vielen Fällen für beide Seiten viel einfacher.
Was können wir konkret unternehmen, um diese Chance aktiv zu nutzen:
- Sich bewusst sein: Wem sitze ich gegenüber?
- Sich überlegen, was unser Gegenüber momentan am meisten beschäftigt.
- Wo sind seine Tabu-Themen, welche ich nicht ansprechen sollte?
Was verändert sich bei mir selbst, wenn ich mich ganz bewusst mit meinem Gegenüber positiv auseinandersetze:
- Die «Chemie im Raum» verändert sich positiv
- Meine Körperhaltung und Stimme vermittelt Interesse und strahlt Sicherheit aus
- Ich höre bewusster zu und gehe auf die Punkte meines Gegenübers ein
Was verändert sich bei meinem Gegenüber, wenn ich mich ganz bewusst mit ihm positiv auseinandersetze:
- Er spürt, dass er absolut im Zentrum des Gespräches ist
- Das Gespräch dreht sich um seine Themen und seine Wünsche / Herausforderungen
- Die Gesprächszeit gehört zu grossen Teilen ihm
4 Sich über die persönliche Ebene positiv abgrenzen
Internetportale und Soziale Medien machen es heute immer schwieriger, sich mit einer Dienstleistung oder einem Produkt über eine längere Zeit im Markt positiv abzugrenzen. Damit nimmt die Austauschbarkeit und Vergleichbarkeit massiv zu.
Deshalb ist es neben einem Top-Angebot wichtig, sich zusätzlich auf die persönliche Ebene des Kunden oder Geschäftspartner zu fokussieren. Hier besteht die grösste Chance, sich gegenüber anderen Anbietern positiv abzugrenzen.
Wenn ich mir als Ehepartner, Familienvater, Unternehmen oder Freund das Ziel setze, allen immer positiv gegenüber zu stehen, kann ich viel erreichen. Ich versuche bewusst, am Ende von Gesprächen oder Meetings positiv zu überraschen. Dabei hinterlasse ich mit grösster Wahrscheinlichkeit einen nachhaltigeren Eindruck, als wenn ich emotionslos etwas Teures schenke oder einen weiteren Rabatt gewähre. Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass dies nicht immer einfach ist.
5 Seinen Grundsätzen treu bleiben
Wer kennt nicht das Gefühl: warum soll eigentlich immer ich, wenn alle anderen auch nicht…
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Ich habe tief in mir die Erwartung, dass sich auf ein von mir versandtes persönliches E-Mail der Empfänger meldet und antwortet. Dabei erwarte ich nicht eine qualitativ hochstehende Antwort sondern lediglich eine Bestätigung, dass er die Nachricht gesehen hat und dass er sich dem Thema annimmt.
Was meine ich hier mit «sich selbst treu bleiben»?
Ein Beispiel aus der Praxis:
Ich verfolge den Grundsatz, dass jede Anfrage bei mir innerhalb eines halben Tages erledigt ist oder der Absender von mir eine Antwort erhält. Immer wieder erhalte ich deshalb positive Feedbacks, dass dieses Verhalten sehr geschätzt wird.
Frage ich nun genau diese Personen, ob ich als Thomas Hirsiger ein solches Verhalten von ihnen auch schätzen würde, wird dies immer bejaht. Wenn ich sie dann Frage, weshalb sie dies bei mir nicht machen, ist Stille im Raum….
Hier entscheidet sich nun, ob «man sich selbst treu» bleibt und seine Grundsätze beibehält oder ob man kapituliert.
Stärke zeigen ist immer der bessere Weg, als sich nach unten ziehen lassen.
6 Eigene Erwartungen klar kommunizieren
Ich kann hoffen, dass meine Erwartungen erkannt und erfüllt werden. Dies kann sehr lange dauern und mit viel Frustpotential verbunden sein. Oder ich ergreife die Initiative selber.
Zuerst muss ich mir selbst im Klaren sein, was ich genau von meinem Gegenüber erwarte und ob meine Erwartungen realistisch sind. Dann mache ich mir die Überlegung, ob diese Erwartungen auch in den Augen eines Dritten Sinn machen?
Falls ich diese drei Fragen mit ja beantworten kann gibt es keine Gründe, diese Erwartungen nicht offen und transparent kommunizieren? Die scheint eigentlich völlig logisch. Dieses Vorgehen braucht jedoch mehr Mut, als passiv zuzuwarten und sich zu wundern, dass man falsch verstanden wird.
Dabei ist es wichtig, seine Worte und Argumente gut abzuwägen und bewusst zu kommunizieren. Beide sollen gewinnen. Niemand will das Gegenüber vor den Kopf stossen oder Wiederstand aufbauen.
7 Fazit
Am Ende stehen für mich drei Punkte im Zentrum:
- Diese Lebensphilosophie, sein Gegenüber positiv zu überraschen, führt zu einer entspannten Einstellung zu Herausforderungen und Menschen. Der grösste Gewinner bin am Ende ich selbst.
- Wenn es für mich positiv ist, darf ich mich nicht von «negativen Erlebnissen» von dieser Einstellung abhalten lassen
- Den «Aktiven» gehört die Welt. Je klarer ich meine Erwartungen kenne und kommuniziere, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie erfüllt werden.
Nutzen wir doch einfach diese tolle Chance!
Über den Autor:
Thomas Hirsiger MBA / TEP
Gründer & Partner der ASAGO AG£ Thomas Hirsiger arbeitete in den höchsten Führungsgremien diverser Firmen in der Finanzbranche und führt seit 2008 seine eigene Vermögensverwaltungsfirma unter dem Namen Finiens Wealth Management AG. Dabei betreut er in einem speziell eingerichteten Family Office Unternehmer & Spitzensportler. Zusätzlich ist er in einigen Firmen als Verwaltungsrat tätig. Im Jahr 2013 gründete er zusammen mit zwei Geschäftspartnern die Unternehmens-beratungsfirma ASAGO AG. Er bekleidet dort die Aufgabe des CEO’s. Er unterhält viele Kontakte zu Unternehmern, Firmeninhabern und Verwaltungsräten und lässt diese Erfahrungen in die Entwicklung der Dienstleistungen mit einfliessen.
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